Büb

 

 

 

„ Isch john enns jraad bei de Büb!“  Mich würde wirklich mal interessieren, wie oft dieser Satz schon gesagt worden ist. „Beim Büb“ das ist eine Kneipe in Odendorf, die jeder, der im näheren Umkreis von Odendorf wohnt kennt. Immer mehr wird sie zur „Kultkneipe“ Ob Rentner oder Jugendlicher, einfacher Arbeiter oder studierter Kopf, hier fühlt sich jeder wohl, und das liegt nicht zuletzt am Büb , dem Wirt – meinem Vater. 

 

Er ist jetzt siebzig Jahre alt und führt die Kneipe seitdem ich denken kann . Er ist mit Leib und Seele Wirt und denkt noch nicht daran sich zur Ruhe zu setzen , obwohl er das sicher schon lange verdient hätte. Ehrlich gesagt kann ich mir eine Kneipe ohne ihn auch gar nicht vorstellen, und ich glaube das geht vielen so. 

 

Je älter er wird, desto mehr wird die Kneipe zu seinem Lebensinhalt – abgesehen von  seiner Familie, vor allen Dingen seinen drei Enkeltöchtern. Die arbeiten übrigens zu seinem großen Stolz auch mit in der Kneipe und führen so die Linie weiter, denn die Wirtschaft wird schon seit 100 Jahren von der Familie Schäfer betrieben.

 

Die Worte Feiertag oder gar Urlaub sind für meinen Vater Fremdworte. Diese Denkweise überträgt er aber leider auch manchmal auf den Rest der Belegschaft. Er versteht dann oft die Welt nicht mehr, wenn seine Arbeitseinstellung dort auf Unverständnis stößt. Der einzige freie Tag im Jahr ist der 1. Weihnachtstag, und selbst dann wünscht  er sich , glaube ich wenigstens, spätestens abends insgeheim dass der Alltag wieder einkehrt. 

 

Büb ist in Odendorf eine allen bekannte Persönlichkeit, und alle kennen ihn auch nur unter „Büb“. Wenn man von Josef Schäfer redet, wissen oft viele, vor allen Dingen Neubürger nicht wer gemeint ist.  Oft kommt es vor, dass meine Mutter mit Frau Büb angesprochen wird, weil man denkt das sei der Nachname. Aber es ist so, dass mein Vater früher in der Familie Büb genannt wurde ( abgeleitet von Bübchen ) und das hat sich dann als Spitzname etabliert. 

 

Wenn ich die Person meines Vaters einmal ganz nüchtern analysiere, muss ich zugeben, dass er der perfekte Wirt ist. Nicht nur dass er mit seinem ganzen Herzen bei der Sache ist. Er bringt viele andere Eigenschaften mit, die eigentlich für diesen Job Voraussetzung sind. Erst einmal trinkt er während der Arbeit keinen Tropfen Alkohol sondern nur Kaffe, aber das gleich literweise, was Frau Zipperling und Frau Nips, unsere Köchinnen,  sicher bestätigen können. Oft kommt der Wunsch nach einer „Tasse Kaffee für den Chef“ zu den unpassendsten Gelegenheiten. 

 

Die zweite unerlässliche Eigenschaft ist die, zuhören zu können und noch wichtiger etwas für sich behalten zu können. Ein Wirt ist manchmal wie ein Beichtvater. In solchen Situationen muss man zuhören können. Manchmal ist das sicher sehr schwierig und erfordert ein großes Maß an Geduld. Mein Vater hat auch ein gutes Gespür dafür, wann es wichtig ist auf jemanden einzugehen, oder wann er sagen kann „Domme Quatsch“. Manchmal erzählen Leute ihm Dinge, die erst eine lange  Zeit später an die Öffentlichkeit kommen. Wenn wir ihm dann schon mal eine „Neuigkeit“ erzählen wollen, stellt sich heraus, dass er schon seit Wochen darüber Bescheid wusste.