16. Schweinsöhrchen
Mitten durch Odendorf fließt der Orbach. Früher war er gesäumt von alten, hohen Bäumen. Im Sommer trocknete das Bachbett meistens aus, und dort war der Lieblingsspielplatz meines Bruders Wolfgang, der ein echter Rabauke war und wegen seiner Kletterkünste den Spitznamen „Tarzan“ hatte. Direkt am Orbach, an der großen Brücke befand sich die Metzgerei Jäger. Die Inhaberin, von allen nur „Jäjersch Oma“ genannt war eine resolute Frau, „en sujenannte Kremmsch“. Jedesmal wenn mein Bruder am Bach spielte, scheuchte sie ihn mit den Worten: „ Maach disch uss der dreckije Bach, du domme Panz. Datt ös doch keene Spellplatz.“ nach Hause. So entstand langsam aber sicher eine Art Hassliebe zwischen den beiden.
Eines Tages wollte Wolfgang der Jäjersch Oma einen Streich spielen. Er rief in der Metzgerei an und flötete mit verstellter Stimme in den Hörer: „Ich wollte nur mal fragen ob Sie Schweinsöhrchen haben?“ Oma Jäger, als gute Geschäftsfrau antwortete dienstbeflissen: „Natürlich haben wir Schweinsöhren.“ Worauf mein Bruder lachend antwortete: „Dann müssen Sie aber komisch aussehen.“
Minuten später stürmte Jäjersch Oma in unsere Kneipe und rief: „Wo ess der Saupanz?“ Mein Bruder hatte nicht bedacht, dass sie ihn sofort an der Stimme erkannt hatte, denn zu dieser Zeit lispelte er sehr. Er stellte jedenfalls sofort unter Beweis, dass er superschnell laufen konnte. Er wurde den ganzen Nachmittag nicht mehr gesichtet.