22. Sylvester in Blau
Es war an einem Sylvesterabend, die Kneipe war brechendvoll und die Stimmung auf dem Höhepunkt, als plötzlich ein Fremder in der Wirtschaft auftauchte. Das war damals etwas Ungewöhnliches, denn damals feierte man entweder zu Hause oder bei Freunden, aber sicher nicht als Fremder in einer kleinen Dorfkneipe. Der Mann war schon ziemlich angetrunken und belästigte alle Gäste mit seinem dummen Geschwätz. Mein Vater ist sonst ein sehr geduldiger Mensch, aber das war einige der wenigen Gelegenheiten bei denen er sich gezwungen sah einzugreifen. Nachdem er dem Fremden einige Male vergeblich angedroht hatte, er müsse das Lokal verlassen, wenn er keine Ruhe gebe, war er an dem Punkt angelangt, an dem er keinen Spaß mehr verträgt. Er packte also den Typ beim Schlafittchen und bugsierte ihn in Richtung Ausgang. Er öffnete die Tür und schob den jungen Mann hinaus. Man hörte auf der Strasse einen kurzen Tumult und als mein Vater wieder in der Kneipentür erschien – hatte er ein Veilchen.
Wie sich herausstellte, war der Typ, als mein Vater ihn aus der Tür bugsierte, gestolpert und auf den Gehweg gestürzt. Mein Vater wollte sich vergewissern, dass ihm nichts passiert war, und hatte sich über ihn gebeugt. Da hatte er ausgeholt und meinem Vater die Faust gekonnt aufs Auge geknallt.
Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass dieser Vorfall tagelang eine heitere Schadenfreude bei den Kneipengästen auslöste, die erst verebbte nachdem das „Veilchen“ alle Farbschattierungen durchlaufen hatte und verschwunden war.